„Die Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind nicht rosig!“

1Assoc. Prof. Priv. Doz. Mag. Dr. Claudia Gundacker kandidiert für den Betriebsrat

 

 

Warum willst du dich im Betriebsrat der MedUni engagieren?

Ich bin seit über 20 Jahren an vorklinischen Instituten der MedUni Wien beschäftigt. Ich mag meine Tätigkeit in Wissenschaft und Lehre sehr und bin froh Teil unserer Uni zu sein. Ich sehe aber auch sehr viel Frustration über die Situation an der Vorklinik, da die Leistung der insgesamt 13 theoretischen Institute/Zentren und den Max F. Perutz Labs schlicht und einfach nicht sichtbar ist. Zudem herrscht ein Ungleichgewicht in der Bezahlung, und zwar einerseits innerhalb der Vorklinik, da gibt es einen historisch bedingten Mix an unterschiedlichsten Dienstverträgen, die dementsprechend unterschiedlich entlohnt werden, als auch, wenn wir uns mit der Klinik vergleichen. Und der dritte Punkt: die Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind alles andere als rosig.

Wofür ist der Betriebsrat aus deiner Sicht da?

Der Betriebsrat ist die Servicestelle für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MedUni Wien in beruflichen Belangen. Das setzt voraus, dass die Betriebsräte kompetent beraten, aber auch, dass sie Vertrauenspersonen sind. Also, wenn ich ein Problem habe, will ich selbstverständlich, dass es vertraulich behandelt wird und mir in kollegialer Loyalität beigestanden bzw. mit größtmöglichem Engagement geholfen wird. Der kompetente Betriebsrat sollte aber auch Problemfelder erkennen, aktiv dazu informieren und letztlich Lösungen anbieten. Das alles erfordert regelmäßige Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen und ein offenes Ohr für ihre Probleme.

Wenn Du sagt, es gibt große Frustration an der Vorklinik: Kannst Du uns genauer sagen, wo der Hut brennt?

Irgendwann hat sich ein Bild verfestigt, das so aussieht: Die Vorklinik, obwohl sie maßgebliche Teile des Curriculums abwickelt und sehr wichtige Gebiete der Grundlagenforschung abdeckt, wird -wenn überhaupt- als Anhängsel der Klinik wahrgenommen. In keiner rezenten Statistik der MedUni Wien sind spezifische Kennzahlen zur Vorklinik ausgewiesen. Letztlich geht das soweit, dass manche nicht einmal wissen, dass es die Vorklinik gibt. Die theoretischen Institute und Zentren sind weit verstreut über den neunten Bezirk, andere noch weiter weg, wie die Max F. Perutz Labors in der Bohrgasse im dritten Bezirk. Beides, die räumliche Entfernung und eine gewisse Ignoranz der Vorklinik gegenüber, führen dazu, dass es kein Zugehörigkeitsgefühl gibt. Dass das ein starker Motivationshemmer ist, ist klar. Hinzu kommt, dass man bei den letzten Kollektivvertrags-Verhandlungen die Vorklinik gleich außen vor gelassen hat. Und es gibt auch Unzufriedenheit darüber, dass mittlerweile eine Vielzahl an Karrieremodellen sprich Gehaltsschemen existiert, die reale Leistungen bzw. Verantwortungen nicht abbilden. Der dritte wichtige Bereich ist die Förderung unserer jungen Leute. Wir bezahlen unsere PhDs über Drittmittel, also Gelder, die wir selber einwerben und das in einem hoch-kompetitiven Umfeld, Stichwort FWF, sodass wir zunehmend Probleme haben, selbst bei sehr guter bis exzellenter Evaluierung, Förderungen zu bekommen. Haben wir es dennoch geschafft junge Talente auszubilden, haben wir dann in den allermeisten Fällen keinerlei Möglichkeit ihnen eine QV anzubieten. Und nun hören wir, dass es zwar neue Karrieremodelle geben soll, gleichzeitig aber auch, dass es eigentlich eh kein Geld dafür gibt.

Wie könnte man die Situation ändern?

Indem wir uns bei den aktuellen Verhandlungen zur ‚QV neu‘ mit starker Stimme einbringen werden. Da sehe eine erste Möglichkeit für Gehältergerechtigkeit zu kämpfen. Wir machen uns auch dafür stark, dass Lehre und Mentoring wieder entlohnt werden. Und was die Verortung der Vorklinik betrifft: Es soll ja spätestens 2025 der Campus Vorklinik in der Mariannengasse kommen. Der soll die Zusammenarbeit untereinander als auch mit der Klinik verbessern. Das ist sicher ein richtiger Weg. Sehr viele Dinge sind in diesem Zusammenhang aber noch unklar, z.B. wissen wir nicht, wer aller dort untergebracht sein wird und ob das Bauvorhaben zeitgerecht umgesetzt wird. Da wünschen wir uns eindeutig mehr Transparenz und Information vonseiten des Rektorats.

Zu einem weiteren „brennenden Thema“: Warum fordert ihr eine „bedürfnisorientierte Kinderbetreuung?

Prägend waren für mich die Jahre des Wiedereinstiegs nach zwei Karenzzeiten, ich war jeweils ein gutes Jahr bei meinen Kindern. Es war alles andere als einfach, mich danach wieder in den Berufsalltag zu integrieren. Ohne die Hilfe meiner Familie hätte ich das nicht geschafft. Erfreulicherweise gab es auch Unterstützung an der MedUni, z.B. im Rahmen eines Mentoring-Programms. In der Zwischenzeit -meine Kinder sind jetzt 21 und 15 Jahre alt- hat sich einiges getan. Jetzt gibt es einen weiteren Betriebskindergarten und diverse Angebote für Frauen und Männer, die sich in Karenz befinden. Dennoch: der Bedarf an Kinderbetreuung ist und bleibt hoch. Letztendlich ist die Kinderbetreuung ein entscheidender Faktor, wenn nicht DER entscheidende Faktor, ob man im System bleibt oder nicht. Individuelle, also flexible Modelle der Kinderbetreuung wären hier mehr als wünschenswert. Damit könnten wir vor allem verhindern, dass junge Ärztinnen und Wissenschafterinnen abspringen, Stichwort leaky pipeline. Genau in dieser Phase verlieren wir nämlich die meisten Frauen, was nicht nur schade ist, sondern auch ineffizient. Diese Frauen sind ja schon gut ausgebildet, wenn nicht bereits hochqualifiziert.

Claudia Gundacker ist Biologin und Associate Professor am Institut für Medizinische Genetik, Zentrum für Pathobiochemie und Genetik. Ihr Engagement konzentriert sich auf die Situation der Vorklinik in drei Bereichen. Es gilt den Beitrag der Vorklinik zur MedUni Wien sichtbar zu machen, Gehältergerechtigkeit herzustellen, als auch die Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu verbessern.

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